Golem 2.0

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Der Golem, 1914

Über die heutige Forenkultur...

Einst ward ich aus weichem Ton erschaffen

formbar, kantenlos und ohne Feuer

transformiert durch 's Leben

nutz ich nun manch Wort' als Waffen

bis ich zu dem wurd, was ich heute bin

ein Ungeheuer

 

Wut und Ohnmacht

brannten mich zur jetzigen Gestalt

Alles ist verloren, einsam

kalt

 

Mein Spiegelbild, es ist verzerrt

den Golem in mir seh ich nicht

alles um mich scheint abzuwarten

bis es mich erwischt

und dann verscharrt in neuem Lehm

verwes ich, irgendwo im Garten.


Ich bin kein Troll

will nicht ärgern oder provozieren

nur der Welt beweisen - voller Hohn

wie krank sie sei und ich es weiss

Verachtung ist meiner Arbeit Lohn

Anerkennung auf Geheiss


Doch bis sie mich haben mach ich weiter

streife ziellos durch die Welt

dunkel, leer und digital

zu träg um auf die Strass zu gehn

Alles brennt, ganz infernal

ich kann es auch von hier aus sehn

 

Wie die Welt zu Grunde geht

Verzweifelt, ohne Hoffnung

täglich, laufend, stet

 

auf das der Tag bald kommen mag

wo sich alle, die so sind wie ich

die bis anhin leise ihre Botschaft brüllen

digital und zahllos überall

demnächst hasserfüllt erheben mögen

 

Auf der Strasse seh ich dann mein Gegenüber

mit Schildern, Knüppeln und Gewehren

jeder schreit und niemand hört mehr hin

so hat doch jeder Anrecht

auf Leben und nach Sinn

 

Doch nutzen wird es nicht

zu sehr der Lehm schon festgebrannt

als das wir uns noch ändern könnten

aus der starren Dunkelheit

hin zu Hoffnung, 

hin zum Licht.

 

Denn ich bin der Golem!

 

Lauernd, unbelehrbar, ohne Ruh

doch ich bin nicht allein,

denn der Golem...

 

... bist auch du.